Modalitätsspezifische Aufgabeninterferenz in Mehrfachtätigkeiten, DFG-gefördert (zweite Finanzierungsperiode)

 
  • Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG, im Schwerpunktprogramm
  • Antragsteller: Prof. Dr. Iring Koch
  • Mitantragstellerin: Dr. Denise Stephan
  • Projektmitarbeiter: Erik Friedgen, M.Sc.
  • Laufzeit: 42 Monate, 2018-2022

Zusammenfassung

Menschliches Verhalten ist durch multiple Aufgabenanforderungen bestimmt. Die Leistung ist aber meistens in Mehrfachtätigkeiten, sogenanntem Multitasking, schlechter als in Einzelaufgaben. Insbesondere führen häufige Aufgabenwechsel im Vergleich zu Wiederholungen zu Wechselkosten. Rekonfigurationsansätze postulieren, dass diese Kosten teilweise durch einen zentralen Engpass beim Rekonfigurieren einer übergeordneten Repräsentation der kognitiven und motorischen Aufgabenanforderungen, dem sogenannten Aufgaben-Set, verursacht werden. Das Projekt zielt darauf ab, die Natur dieser Rekonfigurationsprozesse zu untersuchen. Rekonfiguration wird typischerweise als abstrakter, amodaler Prozess betrachtet, der modalitätsspezifische sensorische und motorische Prozesse kontrolliert. Allerdings zeigten neuere Befunde, dass die Wechselkosten deutlich von den spezifischen Modalitätszuordnungen, das heißt der Kompatibilität, beeinflusst werden, selbst wenn sensorische und motorische Interferenz zwischen den Kompatibilitätsbedingungen konstant gehalten wird. Wir gehen davon aus, dass diese Modalitätskompatibilitätseffekte nicht auf Merkmalen der Stimulusverarbeitung, sondern auf Merkmalen der Handlungssteuerung basieren.
Angelehnt an das ideomotorische Prinzip, dass Handlungen auf Basis der Antizipation ihrer sensorischen Effekte initiiert werden, sind demnach solche Stimuli modalitätskompatibel, die zur Modalität der antizipierten Handlungseffekte passen. Beispielsweise erzeugen vokale Reaktionen auditive Effekte, und manuelle Reaktionen haben für gewöhnlich sichtbare Effekte auf die Umwelt, sodass auditiv-vokale und visuell-manuelle Aufgaben modalitätskompatibel sind. Entsprechend sollte das Wechseln zwischen modalitätskompatiblen Aufgaben zu geringeren Kosten führen als das Wechseln zwischen inkompatiblen Aufgaben, weil letztere mehr Interferenz zwischen den Aufgaben auf der zentralen Ebene der Zuordnungen erzeugen.
In drei Reihen von Experimenten untersuchen wir Phänomene mit Bezug auf die Struktur, Flexibilität und Plastizität von Aufgabenrepräsentationen im seriellen Aufgabenwechsel. Erstens erforschen wir strukturelle Aspekte von Aufgaben-Sets durch Manipulationen von Verarbeitungs-Codes und Stimulus-Reaktions-Kompatibilität. Zweitens untersuchen wir die Flexibilität der Kontrolle des Aufgaben-Sets, indem wir in Experimenten mit freier Aufgabenwahl neben den Wechselkosten auch die Häufigkeit messen, mit der Versuchspersonen modalitätskompatible vs. modalitätsinkompatible Zuordnungen von Reiz und Reaktion bilden. Drittens schließlich untersuchen wir die Plastizität der Stärke von Modalitätszuordnungen, indem wir kurzzeitige Übung variieren und dabei die Transferleistung von Übung mit Einzelaufgaben, Übung mit Aufgabenwechsel und Übung mit Doppelaufgaben vergleichen.
Insgesamt trägt das Projekt zu den Zielen des Forschungsrahmens des SPP1772 bei, welches die Integration theoretischer Perspektiven beabsichtigt, die sich im Hinblick auf ihren jeweiligen Fokus auf Struktur, Flexibilität und Plastizität von Aufgaben-Sets in menschlichen Mehrfachtätigkeiten unterscheiden.

Ausgewählte Publikationen

Fintor, E., Poljac, E., Stephan, D. N., & Koch, I. (2020). Modality compatibility biases voluntary choice of response modality in task switching. Psychological Research, 84(2), 380-388.

Fintor, E., Stephan, D. N., & Koch, I. (2018). Emerging features of modality mappings in task switching: Modality compatibility requires variability at the level of both stimulus and response modality. Psychological Research, 82(1), 121-133.

Fintor, E., Stephan, D. N., & Koch, I. (2019). The interplay of crossmodal attentional preparation and modality compatibility in cued task switching. Quarterly Journal of Experimental Psychology, 72(4), 955-965.

Friedgen, E., Koch, I., & Stephan, D. N. (2020). Modality compatibility in task switching depends on processing codes and task demands. Psychological Research, 1-18. doi:10.1007/s00426-020-01412-2

Stephan, D. N., Josten, J., Friedgen, E., & Koch, I. (2021). Crossmodal Effects in Task Switching: Modality Compatibility with Vocal and Pedal Responses. Journal of Cognition, 4(1): 9, pp. 1–14. doi: 10.5334/joc.129

Stephan, D. N., & Koch, I. (2015). Modality-specific effects on crosstalk in task switching – Evidence from modality compatibility. Psychological Research.

Stephan, D. N., & Koch, I. (2015). Tactile Stimuli Increase Effects of Modality Compatibility in Task Switching. Experimental Psychology. doi: 10.1027/1618-3169/a000291

Stephan, D. N., Koch, I., Hendler, J., & Huestegge, L. (2013). Task switching, modality compatibility, and the supramodal function of eye movements. Experimental Psychology, 60, 90-99.

Stephan, D. N., & Koch, I. (2011). The role of input-output modality compatibility in task switching. Psychological Research, 75, 491-498.

Stephan, D. N., & Koch, I. (2010). Central crosstalk in task switching – Evidence from manipulating input-output modality compatibility. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, & Cognition, 36, 1075-1081.